Kaokoveld

Allein ins Kaokoveld.
Damit uns niemand für verrückt hält …
Ja, wir hatten genug Diesel und Trinkwasser, ein Satellitentelefon, einen Vertag mit Geos, einer auf weltweite Rettungen spezialisierte amerikanische Firma, ein bis dahin hervorragend funktionierendes Fahrzeug und genug Humor.

Von der Palmwag Lodge ging es erstmal nach Sesfontein, um noch etwas Trinkwasser zu kaufen. Wir ergatterten die letzten 5 Liter Flaschen des Ortes und fuhren damit weiter nach Puros. Hier suchten wir uns ein Camp für unsere erste Nacht und wurden überrascht von einem kleinen Camp am Hoarusib, der immer noch Wasser führte und die Passage erschwerte. Das Camp lag sehr einsam, aber mit direktem “Strandzugang“, eigener Dusche und Toilette. Relativ frische Leopardenspuren, dafür aber keine anderen Camper machten den Spass perfekt. Und dann gab es noch eine Lektion fürs Leben. Ich (Tom) bin beim Abendessen mal für ein paar Minuten aus meinen Gummilatschen geschlüpft. Dies wurde vom Feind genutzt, um einen Besitzerwechsel vorzubereiten. Als meine Füsse es dann mal wieder gemütlich haben wollten, wurde der Krieg eröffnet. Der Skorpion hatte eindeutig die besseren Argumente. Das war ein Schreck! So weit weg von jeder medizinischen Hilfe. Da galt es den Kopf zu bewahren und erstmal zu schauen, welches Vergiftungspotenzial der Kerl hatte. Wir fingen ihn ein und versuchen auf Grund des Verhältnisses von seiner Stachelgrösse zu seinen Scheren den Grad der Gefahr einzuschätzen. Der Skorpion war so gebaut, dass dies schwierig war und wir von einer mittleren Vergiftung ausgingen. Also keine Lebensgefahr aber inzwischen heftig ansteigende Schmerzen im Fuss und eine leichte Benommenheit im Kopf. Das erste Manöver war entsprechend kopflos: Ich bat Simone schnell mal zum Campchef zu laufen und ihn zu fragen, wie er die Gefahrenlage einschätzt. Dumme Idee, Simone in der Dunkelheit hunderte Meter durch eine Gegend zu schicken, in der man gerne mal Elefanten, Löwen und Leoparden begegnen kann. Also schnell Planänderung und soviel Chlordioxyd eingenommen und auf den Stich geschmiert, wie vertretbar erschien. Das enorme Oxidationspotenzial dieses Stoffes bot eine akzeptable Chance mit dem Gift des Skorpions fertig zu werden. Der Skorpion blieb über Nacht in Einzelhaft. Wir gingen spät ins Bett und nach ein Paar Atemübungen à la Wim Hof liessen die Schmerzen etwas nach und ich schlief ein. Am nächsten Morgen war kaum noch etwas zu spüren. Wir fragten dann doch noch den Campchef, wie er den Skorpion einschätzt. Er teilte unsere Einschätzung einer mittleren Giftigkeit. Wir zogen zusammen mit dem Skorpion weiter, den wir in ausreichender Entfernung zum Camp begnadigten und seine Freiheitsstrafe beendeten.

Es ging weiter durch Puros, ein kleiner Ort mit „modernen“ Himbas und suchten dort Collin auf. Er verkaufte (zu erhöhten Preisen) Kraftstoff aus rostigen Fässern, die er in seiner Blechhütte aufbewahrte. Vielleicht doch nicht ganz so modern. Wir ergänzten unseren Vorrat um 20 l und machten uns auf den Weg den Hoarusib zu überqueren. Dies erwies sich so schwierig, dass wir einen Guide baten, uns über bzw. durch den Fluss zu bringen. Er zeigte uns genau die einzige Durchfahrt, die auf steinernem Untergrund und nicht durch aufgeweichten Sand, funktionierte. Dabei berichtete er von 2 Franzosen, die wenige Tage vorher in dem noch trockenen Fluss campten. Das ging wohl eine Nacht gut, in der zweiten wurde ihr Auto von den Fluten erfasst und sie konnten sich mit ihren Bettdecken ins Dorf retten. Uns erging es besser und wir kamen sicher durch den Fluss.

Nach eineinhalb weiteren Fahrtagen kamen wir am Kunene an und mussten feststellen, dass beide Camps überflutet waren. Der Kunene strömte mit hoher Geschwindigkeit in seinem Hauptbett und hatte grosse Flächen an seinem Rand überschwemmt. Als wir dies sahen, waren wir immer noch ganz berauscht von der stundenlangen Fahrt durch das Marienflusstal, das sich uns in lieblichem Grün mit einem Meer von kleinen Blumen darbot. Ein Feuerwerk für unsere Sinne und ein Riesenvergnügen, hier so ganz alleine durchzufahren. Der mächtige Kunene, auf den wir dann am Ende der Strecke trafen, verstärkte unsere Begeisterung noch.

Mit Hilfe eines jungen Himbas, der auf der nahen Luxuslodge arbeitete, fanden wir einen sicheren Platz am Fluss, ausreichend weit weg von der Strömung und seinen gefährlichen Krokodilen. Wir campten dort, verzichteten aber auf ein Feuer, um nicht zu sehr auf unsere Anwesenheit aufmerksam zu machen. Trotzdem sprach es sich schnell herum, dass wir dort waren und so frühstückten wir morgens in Anwesenheit von einigen Himbafrauen und Mädchen, die in der Nähe unseres Frühstückstisches ihre Verkaufsstände aufgeschlagen haben. Sie waren sehr freundlich und wir kauften ihnen etwas Schmuck ab. Danach fuhren wir noch etwas am Kunene entlang und bewunderten seine unbändige Kraft.

Dann ging es wieder durch das Marienflusstal Richtung Marble Camp, einem schönen Campingplatz direkt am Trockenfluss mit gepflegten Einrichtungen und warmen Duschen, die wir schon auf dem Hinweg geniessen durften. Da wir trotz wüster 4×4-Strecken gut vorangekommen waren, liessen wir das Camp hinter uns und schlugen uns irgendwo auf dem Weg nach Opuwo in die Büsche. Wir verzichteten wieder auf ein Feuer, da wir nicht gerne Besuch aus dem nächsten Dorf erhalten wollten.

Während der gesamten Fahrt durch das Kaokoveld haben wir immer wieder hin- und herüberlegt, ob wir den Van-Zyls-Pass, einer sehr herausfordernden 4×4-Strecke, die die steilste Abfahrt im südlichen Afrika beinhaltet und als gefährlich gilt (kein Geländewagenvermieter Namibias erlaubt seinen Kunden diese Strecke) nicht doch fahren sollten. Wir entschieden uns – teils schweren Herzens – dagegen.

Auf unserer letzten Passage im Kaokoveld, die nicht weit vom Van-Zyls-Pass entlangging, bestätigte sich jedoch unsere Entscheidung als richtig. Zuerst trafen wir eine Gruppe Deutscher mit guten Geländewagen, die den Pass fahren wollten, sind dann aber im letzen Moment umgekehrt und einen anderen Weg gefahren. Grund war die Angst eines Fahrers vor der Steilheit der Abfahrt. Kurz darauf kam uns ein Bergungsteam aus Windhoek entgegen, die den Auftrag hatten, einen umgekippten Land Cruiser aus dem Pass zu bergen. Da hätten wir also sowieso nicht durchfahren können. Einige Tage später berichtete eine Zeitung, dass die Bergung nicht geglückt sei, der Land Cruiser aufgegeben wurde und einige Tage später bis auf das blanke Fahrgestell ausgeplündert aufgefunden wurde. Selbst der Motor war weg …

Aber da waren wir schon über alle Berge und hatten nur noch die wunderbaren Impressionen dieser einzigartigen Landschaften in Erinnerung. Für uns gehört die Route vom Desolation Valley (siehe Damaraland) bis ins Kaokoveld zu Namibias Bestem.

Wir freuen uns jetzt schon darauf, diese Gegend irgendwann noch einmal intensiver zu bereisen.

6 Kommentare

  1. Hallo Ihr 2 Abenteurer
    Wow! Soo schöne Bilder! Es kommt mir Vieles sehr bekannt vor… das Marienflusstal bis zum Kunene war für mich auch einer der schönsten Strecken. Es sieht alles wunderschön grün aus. Zum Glück habt Ihr Euch richtig entschieden, den Van Zyl‘s Pass nicht zu fahren. Dieser Pass schien mir schon damals im 2005 als fast unüberwindbar….
    Weiterhin gute und sichere Fahrt! Geniesst es!
    Liebe Grüsse Fränzi

  2. Hallo Simone und Tom,
    Wow, Abenteuer pur, richtig spannend. Ich beneide Euch etwas, dass ihr es so mutig ins Ungewisse wagt.
    Bin heilfroh, hat Tom gegen den Skorpion gewonnen, ouf!
    Die Bilder sind einfach super. Es ist toll, Euer Abenteuer mitzuverfolgen.
    Reist heil weiter und geniesst es in vollen Zügen.
    Lieber Gruss, Leslie

  3. Hallo ihr fleissigen Blogleser.

    Toll, dass ihr mit uns mitreist und danke für eure lieben Wünsche.

    Liebe Grüsse
    Simone und Thomas

  4. Hi Gisela.
    Schön von dir zu hören. Danke für deine lieben Wünsche. Wir freuen uns, dass du etwas mitreist.
    LG auch an Danni.

  5. Hallo ihr Lieben, ich habe alle Berichte bis heute gelesen. Es ist einfach mega spannend, was ihr beiden alles erlebt.
    Ich wünsche euch beiden alles Gute auf euren Entdeckungsreise und freue mich bereits auf den nächsten Bericht.
    Herzlichst GISELA (Kennengelernt bei Jenni in Kapstadt, zeitlich ca. Januar 2018)

  6. Hallo ihr Zwei ,

    Ein Wahnsinn, was ihr da erlebt !
    Wir wünschen weiterhin alles Gute und eine schöne Zeit,
    Herzliche Grüße Heidi und Manfred

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